Region
08 Güstrow Express
30. Dezember 2020
Die Spaziergänger von Sanssouci
DOREEN RATZLAFF ERLEBT mit Sohn Malte in Potsdam einen Tag (fast) ohne Sorgen
LÜBZ/POTSDAM Malte weiß
es ganz genau: Friedrich der
Große war überhaupt nicht
groß, nur ein bisschen über
1,60, erzählt der Zehnjährige. Er weiß auch, dass der
spätere Preußenkönig als
Kind so sehr unter dem strengen Vater gelitten hatte, dass
er zusammen mit einem
Freund ausgerissen war.
Aber das ging nicht gut,
meint Malte tiefsinnig und
erklärt dann, dass er zu der
Zeit wahrscheinlich auch ausgerissen wäre: Da mussten
Jungs noch mit drei Jahren
Mädchenkleider tragen.
An diesem Tag wird Malte
sehen, wo Friedrich der Große seine Freizeit verbracht
hat zumindest in den Sommermonaten. Ich weiß, in
Sanssouci. Das bedeutet ,ohne Sorgen, erzählt der Junge offenherzig.
Ohne Sorgen das war Maltes Mutter Doreen Ratzlaff
vor fünfeinhalb Jahren zum
letzten Mal. Damals wurde
bei ihr Brustkrebs diagnostiziert, später streute er in Leber und Knochen. Aber die
Therapie schlägt an, die Löcher in den Knochen sind
wieder zu, gibt sich die
Lübzerin optimistisch. Auch
den aktuellen Chemotherapiezyklus verträgt sie besser
als frühere, diesmal sind ihr
sogar Haare geblieben.
Die 48-Jährige gibt sich
größte Mühe, ihrem Sohn
nicht zu zeigen, wenn es ihr
nicht gut geht. Doch in der
Lübzer Tagespflege, in der
man sich zwischen den vielen
Krankenhausaufenthalten
und Arztterminen um sie
kümmert, wissen es die meisten. Um der tapferen Kämpferin eine Freude zu machen,
hat Tagespflege-Chefin Sigrid
Hoborn deshalb eine Fahrt
mit dem Wünschewagen für
Doreen Ratzlaff angemeldet mit frei wählbarem Ziel.
Eine Ballonfahrt wäre
auch schön gewesen aber
nicht im Winter, meint die.
Letztlich entscheidet sie sich
für Sanssouci, weil sie mit
ihrem Sohn schon viele
Schlösser in der Umgebung
besichtigt hatte, Ludwigslust,
Güstrow, Schwerin sowieso
wenn Tag des offenen Denkmals war und ich das irgendwie hinbekommen habe, sind
wir hingefahren. Sanssouci
kennen beide nur aus dem
Fernsehen, doch das soll sich
jetzt ändern.
Malte profitiert jetzt davon, dass ein Mitschüler erst
vor Kurzem einen Vortrag
über das Schloss in Potsdam
gehalten hat dass er schon
bald selbst dorthin fahren
würde, hätte sich der Viertklässler da aber nicht träumen lassen. Und auch Doreen
Ratzlaff war skeptisch, was
die schnelle Erfüllung ihres
Wunsches anging. Schließlich sind coronabedingt
schon seit Wochen Museen
und damit auch die Gebäude
der Stiftung Preußische
Schlösser und Gärten BerlinBrandenburg geschlossen.
Doch Wünschewagen-Koordinator Matthias Hildebrandt lief bei den Verant-
Ph.-Brandin-Str. 15
Ecke Franz-Parr-Platz
wortlichen in Potsdam offene
Türen ein, als er um eine Ausnahme in diesem speziellen
Fall bat. Nicht nur, dass im
Handumdrehen eine Sonderführung und also auch Sonderöffnung für Mutter und
Sohn organisiert wurde. Der
Generaldirektor der Stiftung,
Prof. Dr. Christoph Martin
Vogtherr, ließ es sich nicht
nehmen, die Gäste selbst zu
begrüßen.
Der Moment allerdings, in
dem er auf die Mecklenburger stößt, ist skurril und wie
so vieles in diesen Tagen der
Corona-Pandemie geschuldet. Denn, unterwegs mit
dem Wünschewagenfahrgast
essen zu gehen, ist in diesen
Tagen nicht möglich. Projektleiterin Bettina Hartwig hat
deshalb zu Hause in Warnemünde in der Fleischerei
Lührmann ein Picknick bestellt. Und als ich nach der
Rechnung fragte, hieß es: ,Geschenkt, erzählt sie gerade,
während alle herzhaft zulangen und plötzlich kauend
dem Generaldirektor gegenüberstehen. Malte, der nicht
weiß, wer da zu ihnen gestoßen ist, rettet unbewusst die
Situation, indem er den offenbar Ortskundigen sofort
all das fragt, was er noch
nicht über Sanssouci weiß:
Wie die Gäste früher hierhergekommen sind, wie viele
Menschen heute hier arbeiten, ob auf dem Weinberg
wirklich Wein geerntet wurde... Und ob es stimmt, dass
Friedrich der Große zwar die
Kartoffel nach Deutschland
geholt, aber selbst nie eine
gegessen hat.
Einen Teil der Fragen beantwortet Prof. Vogtherr
gleich draußen, auf andere
geht etwas später Friederike
Jefferies bei der Führung
durch die Räume des Schlosses ein. Sie ist selbst Mutter
von vier Söhnen, wie sie irgendwann erzählt und hat
ein Händchen im Umgang gerade auch mit jungen Gästen.
Geduldig beantwortet sie
Malte jede Frage, weist ihn
darüber hinaus auf Details
wie das immer wieder abbrechende Ohr eines Eichhörnchens in einem der Gästezimmer hin.
Auch alle anderen in der
kleinen Gruppe lauschen fasziniert: die WünschewagenEhrenamtler Doreen Eichhorn und Maik Lewermann,
Petra Schröder, die in der
Lübzer Tagespflege arbeitet
und natürlich Doreen Ratzlaff. Sie fragt unermüdlich
nach, will mehr über den
Architekten des Schlosses,
Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, wissen, über die
Bedeutung einzelner Bildmotive und Ornamente, über das
Leben in der Zeit zwischen
1747 und 1786, in der Friedrich der Große das Schloss
nutzte. Auch nach zwei Stunden saugt sie noch immer jedes Detail regelrecht in sich
auf. Wahrscheinlich kriege
ich einen steifen Nacken vom
vielen Hochgucken, aber das
ist egal, meint sie. Irgendwann übernimmt es Malte,
ihren Rollstuhl zu schieben.
Zeit mit ihm zu verbringen,
ihm so viel wie möglich zeigen zu können, dass sei ihr
ungeachtet der Krankheit am
wichtigsten, hatte sie unterwegs erzählt. Und: Es gebe
noch so viele Dinge, die sie
gern mit ihm erleben möchte...
Erst einmal erlebt Malte,
wie seine Mutter im Schlosspark aus dem Rollstuhl auf-
Erinnerungsfoto mit Schloss Sanssouci im Hintergrund: Malte und Doreen Ratzlaff haben hier unvergessliche Stunden
verbracht.
FOTO: KARIN KOSLIK
steht und, rechts und links
von einem Erwachsenen eingehakt, allein den Weinberg
hinabgeht. Denn unbedingt
wünscht sie sich ein Foto mit
dem Schloss im Hintergrund.
Dafür setzt sie sich dann aber
doch wieder hin, langsam
schwinden die Kräfte und zudem ist es bitterkalt.
Trotzdem hat Doreen Ratzlaff noch einen Zusatzwunsch: Wenn wir schon
mal in Potsdam sind: Hier
wohnen doch Joop und Günther Jauch. Ob wir vielleicht
noch mal an ihren Villen vorbeifahren können? Tatsächlich findet Maik Lewermann
die Adresse ohne große
Schwierigkeiten im Internet
und gibt sie in das Navi des
Wünschewagens ein. Die
Straße ist dann unspektakulär, auch wenn die Villen natürlich etwas hermachen. Doreen Ratzlaff ist dennoch zu-
frieden und schmiedet schon
neue Pläne. Berlin würde sie
Malte auch gern noch zeigen.
Und irgendwann, wenn es ihr
besser geht, mit ihm zusammen in ein Flugzeug steigen.
Vorerst aber fordert die
Krankheit nun doch ihren
Tribut. Obwohl sie sich lange
dagegen gewehrt hat, muss
sich die Mutter nun doch im
Wünschewagen hinlegen. Ihr
Sohn liest unterdessen das
Buch, dass ihm Friederike
Jefferies zum Abschied aus
Sanssouci geschenkt hat.
Petra Schröder ruft in der
Lübzer Tagespflege an, um
Bescheid zu geben, dass alles
gut gelaufen ist. Ihre Chefin
erzählt ihr, dass sie gerade
100 Euro als Spende an den
Wünschewagen überwiesen
damit der noch mehr Menschen einen Tag ohne Sorgen
schenken kann.
KARIN KOSLIK
03843
683173
Bestattungshaus
Klaus Ölke
18246 Bützow, Lange Str. 40 Anke Knop
03 84 61/
21 53 u. 20 96
Trauerbinderei
Seidelstraße 6 18273 Güstrow
Tel. 03843-682306 www.blumenhof-griem.de
Bestattungsinstitut Renate Kosmalla Inh. Marita Klink
BÜTZOW, Lange Str. 1 3
Schwaan, Loxstedter Str. 45
038461 91325
03844 891783
www.bestattungsinstitut renate kosmalla.de
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